Goodbye Sea King

Goodbye Sea King
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Nach über einem halben Jahrhundert im Einsatz endete am 31. August 2024 offiziell die Dienstzeit der Sea King MK41 in der Deutschen Marine. Für die Marineflieger war das Muster ein Glücksgriff mit einer überaus erfolgreichen Bilanz. Mit dem NH90 NTH Sea Lion von Airbus steht ein leistungsstarker sowie hochmoderner Nachfolger bereit, um das erfolgreiche Erbe in der Seenotrettung anzutreten.

Goodbye Sea King

Über 50 Jahre im Einsatz

Bilder eines einmaligen Fotofluges. Ein kleines Stück Marineflieger-Geschichte

Bereit 1969 schlossen die BRD und Westland Helicopters einen Vertrag mit einem Volumen von 220 Mio.DM (rund 112,5 Mio. Euro) über den Kauf von 22 Sea King Mk41 Mehrzweck-Transporthubschraubern als Nachfolger für den Sikorsky H-34 für SAR Einsätze über dem deutschen Seegebiet. Schlussendlich wurden 23 Exemplare des Helikopters gebaut. Einer wurde noch während der Werkserprobung irreparabel beschädigt und diente später der technischen Ausbildung auf Sylt. Im englischen Culdrose begannen schließlich 1972 die Umschulungskurse der ersten deutschen Crews auf die Sea King. Drei Jahre später begannen die Maschinen ihren SAR-Dienst im Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau, wo sämtliche Sea Kings stationiert wurden. Im Zuge der Neustrukturierung der Bundeswehr wurde das Geschwader 2012 auf den Fliegerhorst im niedersächsischen Nordholz bei Cuxhaven verlegt. Darüber hinaus operierte die Sea King während ihrer gesamten Dienstzeit von Außenstationen auf der Nordseeinsel Helgoland, in Kiel und ab Anfang der 1990er Jahre von Warnemünde an der Ostsee. Der ehemalige Stützpunkt auf Borkum ist bereits seit einigen Jahren nicht mehr aktiv.

Bewaffnung/Updates/Technik

Die Sea King waren über 50 Jahre im SAR-Dienst im Einsatz.

Technisch ist die SeaKing für die SAR-Aufgabe prädestiniert. Sie hat eine große Reichweite von über 1.500 Kilometern, besitzt Radar und Infrarotkamera, ist sehr robust und kann auch bei schlechtesten Wetterverhältnissen fliegen. Ein weiteres Plus ist ihre besondere Bauweise als amphibischer Helikopter: Rumpfform und Ausleger machen es möglich, dass sie in ruhiger See landen könnte. In der Regel aber nutzt die Crew die eingebaute Rettungswinde zum Bergen von Personen. Zur Bewaffnung der Sea King zählen lediglich ein 12,7 mm Maschinengewehr und der Täuschkörperwerfer AN/ALE-37/A zur Eigensicherung. Ab Ende der 1980er Jahre wurde damit begonnen, alle Sea King für die Verwendung des Lenkflugkörpers „SeaSkua“ umzurüsten. Zwar gab es im Rahmen der Erprobung einige Abschüsse, aber schlussendlich ging die Fähigkeit an die Sea Lynx über. Im Laufe seiner Dienstzeit bekam die Sea King nur einige wesentliche Updates. Dazu gehörten stärkere Triebwerke und das Frontradar, welches eine 360 Grad Rundumsicht ermöglichte.

Bei den Crews sehr beliebt

Knapp 185.000 Flugstunden steht für die Sea King Flotte der Deutschen Marine zu Buche

Gefragt nach dem beeindruckendsten Erlebnis mit der Sea King erinnert sich Thomas, mit rund 5000 Stunden auf dem Muster einer der erfahrensten Piloten der Marineflieger, an einen Rettungseinsatz im Zusammenhang mit der UNIFIL-Mission im Seegebiet zwischen Zypern und dem Libanon im Oktober 2007. Auf dem syrischen Frachter MS Silina war ein verheerendes Feuer ausgebrochen und mehrere Seeleute in Gefahr. "Wir waren erst wenige Tage an Bord des Einsatzversorgers Frankfurt am Main mit der Sea King in der Region unterwegs. Irgendwann in den frühen Morgenstunden wurden wir durch "Action King, Action King" alarmiert.Bei dem Code weißt du, es wird ernst. Dann ist die höchste Priorität, den Hubschrauber in die Luft zu bekommen, welcher zu diesem Zeitpunkt verzurrt und gefaltet im Hangar steht. Lediglich 22 Minuten später hoben wir ab. Bereits kurz nach dem Take-Off war im Morgengauen der brennende Frachter in der Ferne gut zu erkennen. Je näher wir kamen um so klarer wurde das Ausmaß der Notlage. Das komplette Deckhaus des Schiffes stand in Flammen. Sämtliche Rettungsboote waren unbenutzbar. Da andere Schiffe sich wegen der starken Rauchentwicklung nicht nähern konnten, waren wir für die Besatzung die einzige Hoffnung. Für eben solche Situationen sind die Crews der Sea Kings ausgebildet. Die Bergung der zwölf Seeleute, zwei waren schwer verletzt, von Bord der MS Silinadauerte tatsächlich nur ein paar Minuten. Noch vor Sonnenaufgang landeten wir wieder auf der Frankfurt. Ein Stück weit ist diese Mission exemplarisch für Einsätze mit der Sea King. Auf die robuste Technik sowie die hohe Zuverlässigkeit und ihre Gutmütigkeit im Handling konnten sich die Crews immer verlassen. Diese Rettung bewies die SAR-DNA der Einsatzstaffel, hier nun bordgestützt zusammen mit der enormen Transportkapazität eines tollen Hubschraubers. Ein unschlagbares Team! Meine Jahre mit der Sea King waren eine tolle Zeit."

Großartige Statistik

Einige Sea King wurden der Ukraine übergeben.

Insgesamt wurden mithilfe des Mk 41 und seiner Crews über die Jahre rund 12.000Menschen gerettet bzw wurde ihnen dringende Hilfe geleistet.
Die Sea King der Deutschen Marine waren also echte Arbeitstiere. Davon zeugen die rund 184.074 Einsatzstunden (Stand 08. Juli 24) der gesamten Flotte. Jeder Helikopter hat somit zwischen 7.000 und 10.000 Stunden in der Luft verbracht.
Zu Buche stehen beeindruckende gut 14.645 SAR-Einsätze. Häufig wurde einzelnen Personen oder kleineren Gruppen Hilfe geleistet. Mitunter unterstütze die Sea King auch bei größeren Einsätzen. So zum Beispiel bei den Hochwasserkatastrophen an Oder und Elbe oder bei Schiffsunglücken wie jenes des Holzfrachters „Pallas“ 1998 vor Sylt sowie der Fähre „Lisco Gloria“ in der Ostsee 2010. Nach der Tsunami-Katastrophe an Weihnachten 2004 leistete das MFG mit den Sea King erste Hilfe im indonesischen Sumatra.
Auch in den letzten Monaten ihrer Dienstzeit sprangen die Sea King immer wieder sporadisch in den SAR-Dienst ein. Am 13. März 2024 war ein 15 Monte altes Kind der letzte Patient an Bord der Marineflieger-Legende. Der finale Einsatz einer Sea King fand am 17.06.2024 mit der, leider erfolglosen, Suche nach einem vermissten Fischer vor Borkum statt.
Hauptaufgabe der Sea King war der SAR-Einsatz über See. Darüber hinaus fungierte das Muster jedoch auch als Bordhelikopter und Truppen-/Materialtransporter. So unterstützen die Helikopter die bewaffneten Verbände unter anderem während des ersten Golfkriegs, der Antiterror Mission der UN „Enduring Freedom“ oder beim Kampf gegen Piraten während der Operation ATALANTA am Horn von Afrika.
Ende August 2024 also endete diese überaus erfolgreiche Ära der Sea King in der Deutschen Marine. Wird die Sea Lion als Nachfolger eine vergleichbareKarriere hinlegen? Nach anfänglichen Schwierigkeiten sieht es aktuell jedenfalls danach aus.


NH90 NTH "Sea Lion"

Die Zukunft: NH90 NTH "Sea Lion"

Ende Januar 2023 erhielt das MFG 5 den letzten der 18 bei Airbus bestellten NH90 NTH (Naval Transport Helicopter) Mehrzweckhubschrauber. Seit Anfang Juli 2023 schließlich, und somit rund vier Jahre nach der Lieferung des ersten Exemplars, übernahmen die ersten Sea Lion SAR-Aufgaben. Zunächst noch im Parallelbetrieb mit der Sea King, doch nach und nach war das neue Muster auf sich alleine gestellt.

Langer Weg
Die Einführung des Sea Lions kam deutlich später als ursprünglich geplant. Denn wie alle Muster der NH-90-Familie hatte und hat auch die Sea Lion mit verschiedenen Problemen sowie einem dadurch niedrigen Klarstand zu kämpfen.
Hauptursache für die Verzögerungen ist prinzipiell nicht die Technik der NH90.Vielmehr waren die sehr aufwändigen Wartungs- und Inspektionssysteme, ein gewisser Mangel an Ersatzteilen sowie die laufenden Umrüstungen zur Vereinheitlichung der Konstruktionsstände Kern des Übels.

Schritt in die Zukunft
Trotz aller Problematiken ist die Sea Lion ein zukunftsorientiertes System,welches software- und modultechnisch deutliche Fortschritte gegenüber der Sea Kings aufweist. Durch die neue, hochmoderne Ausstattung erreicht die NH90 einen erheblichen operationellen Vorteil gegenüber ihrer Vorgängerin. Auch und vorallem bei schlechtem Wetter. Dabei kann man die Genauigkeit und Nutzbarkeit von Radar, Infrarot- und Tageslichtkamera nennen sowie weitere Systeme welche die Erkennung und Wahrnehmung von anderen Luftfahrzeugen im Luftraum ermöglichen. Die NH90 hat einen deutlichen Leistungsvorteil, der sich gegenüber der Sea King auch in der Nutzlast widerspiegelt.
Von den Crews wird explizit erwähnt, dass das neue Leistungsprofil einen deutlichen Schritt nach vorne darstellt. So ergeben sich aus der Leistung desNH90 deutliche Verbesserungen im Bereich Not-Verfahren, längere Durchhaltefähigkeit auch im beladenen Zustand sowie der Agilität.  

Auch wenn für viele Luftfahrt-Enthusiasten die Sea King das deutlich coolere Fluggerät ist, so war die Ablösung des Königs durch die Sea Lion nach einem halben Jahrhundert mehr als überfällig. Mit der NH 90 TTH verfügt die Deutsche Marine über einen hochmodernen Helikopter, welcher den Herausforderungen des Alltags im SAR-Dienst mehr als gerecht wird und die Seenotrettung der Marine zukunftsfähig macht.

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